Text von Freitag, 30. Dezember 2005
Bittere Bilanz: Ein Jahr Hartz IV im KJC | ||
Marburg * (fjh)
Eine Blinde soll Kinder bei ihren Hausaufgaben beaufsichtigen. Was wie ein Schildbürgerstreich anmutet, das hat das KreisJobCenter (KJC) Susanne A. vorgeschlagen. Doch die blinde und stark hörbehinderte Marburgerin konnte darüber kaum lachen. Eine ganze Reihe von Fehlleistungen hat die erwerbslose Sozialpädagogin inzwischen erlebt. Als sie zum drittenmal darauf hinwies, dass sie eine vorgeschlagene Arbeit wegen ihrer Behinderung nicht ausführen könne, drohte ihr die zuständige Fallmanagerin mit einer Kürzung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) um 30 Prozent. Susanne war empört. Auch Dr. Karsten McGovern hält das für eine Fehlleistung. Insgesamt sieht der Erste Kreisbeigeordnete das erste Jahr KreisJobCenter aber als einen Erfolg: "Das belegen schon unsere Zahlen." Soweit es überhaupt vergleichbare Zahlen gibt, ragniert der Landkreis Maburg-Biedenkopf ganz vornean. Bei den sogenannten "Integrationen" in den Ersten arbeitsmarkt wie auch bei den eigenen Vermittlungen weist das KJC bessere Werte auf als alle hessischen Optionskommunen. Auch die Werte der Arbeitsgemeinschaften (ARGE) zwischen Bundesagentur für Arbeit (BA) und den jeweiligen Kommunen liegen im Durchschnitt niedriger als im Landkreis Marburg-Biedenkopf. "Im ersten halben Jahr hatten die Beschäftigten im KreisJobCenter noch alle Hände voll zu tun, um die Umstellung hinzubekommen", berichtete McGovern. "Doch seit dem Sommer haben wir auch verstärkt Angebote aufgebaut, mit denen wir Langzeitarbeitslose systematisch fördern." Während der Anfangsphase habe es auch krankheitsbedingte Personalengpässe gegeben, berichtete McGovern. Vereine berichtete, auf ihre Anfragen zu Ein-Euro-Jobs hätten sie vom KJC trotz wiederholter Nachfrage keine Antwort bekommen. Auch Susanne A. erhielt auf ihre Bewerbung beim KJC keine Antwort. Verhielten sich Erwerbslose so, dann müssten sie mit empfindlichen Folgen rechnen. KJC-Chefin Andrea Martin hingegen scheinen ihre Erfolgsstatistiken wichtiger zu sein als eine ordnungsgemäße und kundenfreundliche Arbeit ihrer Dienststelle. Beschwerden der Erwerbslosen richten sich gegen die mangelnde Kompetenz von Fallmanagern und Beratern. Kenntnisse über akademische Berufe schienen bei einigen völlig zu fehlen. Das KJC betreut seine "Kundschaft" aber streng nach dem Alphabet. Eine Zuordnung nach Berufsfeldern oder Ausbildungsgraden besteht nicht. Doch sollen die Beratungsangebote gerade für Akademiker verbessert werden, kündigte McGovern an. Unternehmer beschweren sich über eine Flut völlig unsinniger Bewerbungen. Als Grund dafür machen sie die Auflagen vieler Fallmanager aus, einem Leistungsempfänger eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen pro Monat abzuverlange. Herauskomen dabei Bewerbungen von Bäckern bei IT-Firmen, wo angesichts des Arbeitsaufwandes mit derartigen Bewerbungen vieleicht kleinere Brötchen gebacken werden. Dem KJC jedenfalls möchte ein Marburger Unternehmer aufgrund dieser Erfahrung keine offene Stelle melden. "Das Problem ist uns bekannt", räumte McGovern ein. Zu unsinnigen Bewerbungen wolle das KJC seine Kunden nicht anhalten. Doch dafür wäre eine notwendige Voraussetzung, dass die Fallmanager einschätzen könnten, was in jedem Einzelfall sinnvoll wäre. "Wir schulen unsere Leute laufend", erklärte der Kreisbeigeordnete. Wenn aber ein Kunde unzufrieden mit der Arbeit seines Fallmanagers sei, dann könne er auch eine weitere Person aus dem Betreuungsteam hinzuziehen. Schließlich stehe jedem auch der Weg eienr Beschwerde offen. "Wir können Probleme nur abstellen, wenn wir sie kennen", meinte McGovern. Dafür seien berechtigte Beschwerden wichtig. Insgesamt ist der Sozialdezernent des Landkreises aber "zufrieden". Die Option für eine Betreuung der Langzeitarbeitslosen beim Kreis habe sich als richtig erwiesen: "Es war ein Wagnis, das sich für den Kreis aber gelohnt hat. Nachdem wir jetzt auch angefangen haben, die Erwerbslosen systematisch zu fördern, etnwickelt sich alles sehr zufriedenstellend. | ||
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