Text von Freitag, 30. November 2007
Verharmlost: Linke zu Rübenstein-Bericht | ||
Marburg * (fjh)
"Es gibt keine mafiosen Zustände im städtischen Bauamt." Das stellte Prof. Dr. Georg Fülberth unmissverständlich klar. Gemeinsam mit Hartmut Lange vom städtischen Denkmalbeirat und Gerhard Haberle vom Gestaltungsbeirat stellte der Linken-Stadtverordnete am Donnerstag (29. November) die Sicht seiner Partei zu den Vorgängen rund um die Baugenehmigung für das Haus Rübenstein 5 dar. Den Abschlussbericht des Akteneinsichts-Ausschusses dazu hält die Marburger Linke für unvollständig. Das Mehrheitsvotum rüge lediglich die Tatsache, dass die Baugenehmigung ohne Einschaltung des Denkmalbeirats erteilt worden ist. Tatsächlich habe es auch nach der Aktenlage aber noch eine ganze Reihe weiterer Versäumnisse und Verfehlungen gegeben. So hätte das Haus unterhalb der Mauer des Lutherischen Kirchhofs gar nicht erst abgerissen werden dürfen, ohne vorher den Denkmalbeirat einzuschalten. Doch auch das sei nicht geschehen, monierte Lange. Bei den Gebäuden am Rübenstein handele es sich um Tagelöhner-Häuser. Diese kleinen und geduckten Gebäude im Schatten der Mauer seien historisch besonders wertvoll. Selbst wenn der Denkmalbeirat einem Abriss zugestimmt hätte, habe er die Einwilligung dazu garantiert nicht erteilt, ohne vorher eine Sicherung des Gebäudes vorzunehmen. Doch auch diese Untersuchung sei nicht erfolgt. Ob das Haus tatsächlich baufällig war, wie der Magistrat behauptet habe, könne nun niemand mehr nachprüfen. Auch das Gewölbe darunter sei noch nicht untersucht worden. Nach Lage der Akten fehle für die Baugenehmigung nach wie vor die Zustimmung des Landesamtes für Denkmalpflege, berichtete Fülberth. Nach dem Paragraphen 18 des Hessischen Denkmalschutzgesetzes sei sie aber zwingend erforderlich. Damit sei die erteilte Baugenehmigung rechtsunwirksam, erklärte der Stadtverordnete. Besonderes Augenmerk widmete Fülberth den Protokollen des Denkmalbeirats. Zu seiner Sitzung vom 8. Mai 2007 seien insgesamt fünf verschiedene Protokoll-Versionen erstellt worden. Das erste Protokoll sei auf Betreiben Außenstehender nachträglich abgeändert worden. Dabei sei ein wichtiger Beschluss gestrichen worden. Nach Protesten von Beiratsmitgliedern gegen dieses Vorgehen sei eine dritte Fassung ausgegeben und auch vom Denkmalbeirat beschlossen worden. Bei dieser Fassung handelt es sich nach Fülberths Auffassung um das korrekte Protokoll der betreffenden Sitzung. Da darin aber einige Streichungen enthalten waren, habe man die betreffenden Passagen nachträglich geschwärzt. So kam es zu der vierten Fassung, die sinngemäß aber mit der dritten übereinstimme. Später habe man diese Fassung dann noch einmal sauber abgeschrieben. Dabei sei jedoch wieder ein ganzer Satz aus dem Text verschwunden. Ob das absichtlich oder versehentlich geschehen sei, lasse sich nicht ergründen. Klar ist für Fülberth jedoch, dass die Abänderung des ursprünglichen Protokolls eine gezielte Manipulation darstellt. Er unterstellte den Handelnden dabei eine Täuschungsabsicht mit dem Ziel, das Protokoll zu verfälschen. Wenn Lange in diesem Zusammenhang von "Zensur" gesprochen habe, dann ziele seine Kritik sicherlich genau auf diesen manipulativen Umgang mit dem Protokoll. Eine korrekte Protokollführung sehe anders aus. Auch beim Umgang mit der Nachbarschaft habe die Stadt Marburg keine gute Figur abgegeben. Ihre Anfrage bei der evangelischen Kirchengemeinde, ob sie einem Mauerdurchbruch zu dem neuen Haus zustimme, hatte Dekan Helmut Wöllenstein abschlägig beschieden. Als er sich danach zu dem Bauvorhaben nicht weiter äußerte, wertete Bürgermeister Dr. Franz Kahle das als Zustimmung zu dem Projekt. Dieser Interpretation ist der Dekan selbst aber entschieden entgegengetreten. Nach den Planskizzen stimmt auch die Angabe nicht, die Kahle zur Höhe des Gebäudes gemacht hat. Hatte er angegeben, dass das neue Haus nach der Baugenehmigung die Mauer des Lutherischen Kirchhofs um 1,80 Meter überragen dürfte, so beträgt dieser Wert nach Berechnungen von Experten der Linken etwa 3,75 Meter. Das ergebe sich außer aus der Skizze auch schon daraus, dass ein ebenerdiger Zugang vom Lutherischen Kirchhof in das Obergeschoss des Neubaus geplant war. Über all diese Fragen wird es nun bei der Stadtverordneten-Sitzung am Freitag (30. November) zu voraussichtlich erbitterten Auseinandersetzungen kommen. Sowohl Oberbürgermeister Egon Vaupel wie auch Hartmut Lange haben ihre Rechtsbeistände mit der Angelegenheit beauftragt. Ob es angesichts dieser Holzerei noch zu einer vernünftigen Klärung kommen kann, bleibt fraglich. Erschreckend ist zudem, dass Kahle als zuständiger Baudezernent die Angelegenheit als Lapalie abtut. Ein derartiges "kleines Versehen", das das gesamte historische Stadtbild verschandelt, darf es in einer geschichtsträchtigen Stadt wie Marburg nicht geben. | ||
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