Text von Montag, 2. July 2007
Wieder durchlitten: Unfall mit Trabi vor Gericht | ||
Marburg * (sts)
"Es ist ein Wunder, dass alle vier Insassen den Unfall überlebt haben", sagte Amtsrichter Dirk-Uwe Schauß. Wegen Trunkenheit am Steuer, fahrlässiger Körperverletzung und Fahrerflucht ist am Montag (2. Juli) ein 32-jähriger Marburger zu einer Geldstrafe von 1.170 Euro verurteilt worden. Bis zuletzt beharrte der Angeklagte jedoch auf seiner Unschuld. Den 17.Juni 2006 werden die vier Studierenden wohl niemals in ihrem Leben vergessen können. Sie waren in den frühen Morgenstunden in ihrem Trabant auf der Bundesstraße B3A auf dem Weg nach Hause. Sie hatten den Tag an einem Baggersee verbracht. Auf Höhe des Cölber "Ecks" wurden sie von einem hinter ihnen fahrenden Auto gerammt. Der "Trabi"-Fahrer verlor die Kontrolle. Das Fahrzeug überschlug sich mehrmals. Alle vier Insassen erlitten schwere Verletzungen. Eine 24-jährige verlor durch einen Splitter ein Auge. Eine Stunde nach dem Unfall entdeckte die Polizei in der Siemensstraße das schwer beschädigte Fahrzeug des Angeklagten. Fast zeitgleich wurde er vor seiner Wohnung von weiteren Beamten gestellt und verhaftet. Von Anfang an bestritt der gelernte Automobil-Kaufmann, seinen Wagen zum Tat-Zeitpunkt gefahren zu haben. Er habe die Nacht bei einer Nachbarin verbracht und sei später mit einem Taxi in die Stadt gefahren, um einen Döner zu essen. Bei seiner Rückkehr nach Hause sei er dann verhaftet worden. Ein Bekannter aus Litauen, der einige Tage bei ihm gewohnt hatte, soll den Wagen gefahren haben. Dieser Mann hatte in seiner polizeilichen Aussage drei Tage nach dem Unfall die Version des Angeklagten tatsächlich bestätigt. Doch wie schon zum ersten, erschien dieser Bekannte auch zum zweiten Verhandlungstermin nicht. Es habe Schwierigkeiten bei der Ausreise aus Litauen gegeben, erklärte der Anwalt des Angeklagten. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft erscheint seine Aussage ohnehin unglaubwürdig, da er das Unfallgeschehen praktisch überhaupt nicht hätte schildern können. Ebenso habe auch die Aussage der Nachbarin keine Schilderungstiefe gezeigt. Ihr droht nach dem Urteil nun ein Verfahren wegen Meineids. "In diesem Verfahren reihte sich Märchen an Märchen", befand die Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe den Wagen gefahren und nach dem Unfall in der Siemensstraße abgestellt. Von dort sei er zum Hauptbahnhof gelaufen, habe sich einen Döner gekauft und sei dann mit einem Taxi nach Hause gefahren. "Ich habe diesen Weg selbst zurückgelegt. Das ist in einer Stunde locker zu schaffen", sagte Schauß in seiner Urteilsbegründung. Am Lenkrad sei zudem nur genetisches Material des Angeklagten, jedoch keines des litauischen Bekannten gefunden worden. Das seien alles "Pseudo-Beweise", die dem "Wunschdenken der Staatsanwaltschaft entsprängen", plädierte der Verteidiger auf einen Freispruch für seinen Mandanten. Da der Angeklagte keinerlei Vorstrafen besaß, fiel das Urteil angesichts der Schwere des Unfalls und der Kaltblütigkeit seines Vorgehens vergleichsweise milde aus. | ||
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