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Soziales


Träume anders: Ausstellung zur Down-Syndrom-Woche


30.08.2000 * (
AJA)
"Was im Vorhinein nicht ausgegrenzt wird , muß hinterher auch nicht eingegliedert werden!" Dieses Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker trifft die Einstellung der Selbsthilfegruppe "Down-Syndrom" in der Lebenshilfe Marburg sehr gut. Mit der Ausstellung zur Down-Syndrom Woche "Ich bin anders - als Du denkst. Down-Syndrom - ein Menschenbild im Wandel", die im Marburger Rathaussaal Marburg bis zum 5. September zu sehen ist, möchte die Lebenshilfe die Bevölkerung auf dieses Thema aufmerksam machen, zu Akzeptanz und Verständnis aufrufen.
Die Ausstellung zeigt 30 Portraits von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Down-Syndrom, fotografiert von dem freien Fotografen Andreas Bohnenstengel aus München. Die Bilder hat der "Down-Kind e.V." München zur Verfügung gestellt.
Am Dienstag (29. August) eröffnete Dr. Bernhard Conrads, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung (BVLH), die Austellung unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dietrich Möller. Mittwochs bis freitags ist sie von 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr anzuschauen.
In Kontrast zu den abwechslungsreichen, lebendigen Portraits der Kinder und Jugendlichen aus München stehen die um die Bilder aufgebauten Informationswände. Sie geben einen Einblick in die Geschichte des "Down-Syndroms", beginnend mit den Forschungsergebnissen des englischen Arztes Dr. Langdon Down. Er hatte 1866 erstmals die Auswirkungen dieser genetischen Besonderheit - beim Menschen mit Down-Syndrom ist das 21. Chromosom nicht zwei, sondern drei Mal vorhanden (Trisomie 21) -
beschrieben. Darüber hinaus wird ein Überblick über die Massenvernichtung von Behinderten unter Adolf Hitler gegeben. Auch die Auszüge aus alten Lexika sind sehr interessant: so wird noch 1969 in einem rororo-Lexikon "Mongolismus" als Form der Idiotie bezeichnet. Weiterhin sind die neuesten Forschungsergebnisse und Methoden der pränatalen Diagnostik ausgestellt.
Vor allem die Portraits sprechen für sich: sie zeigen lebensfrohe, lustige, verspielte, aufgeweckte, aber auch traurige Gesichter in schwarz-weiß. Sie beweisen, daß das "Down-Syndrom" kein Grund ist, aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden und damit nicht mehr am alltäglichen Leben teilhaben zu dürfen.
Unterstützt werden die Bilder von Interviews der abgebildeten Kinder und Jugendlichen, die kurz über ihr Alter, Hobbies, Lieblingsfächer und Zukunftsträume Auskunft geben. Besonders die Antworten auf die Fragen "Was würdest Du gerne tun, aber es ist nicht möglich?" und "Was macht Dich traurig oder wütend?" regen zum Nachdenken an. So antwortet die elfjährige Laura von der St. Franziskus-Schule in München auf die erste Frage: "Auf einen Baum fliegen und einen Apfel pflücken". Timo (10 Jahre) möchte einfach nur gerne Fahrrad fahren. Henriette (17 Jahre), macht es wütend, wenn Leute sie die ganze Zeit anstarren. Die zehnjährige Eva wünscht sich nichts mehr, als so sprechen zu können, daß alle sie verstehen.
Wünsche, für die bei den meisten "normalen" Menschen gar kein Platz mehr vorhanden ist, vielleicht weil sie einfach zu banal sind. "An so was denkt man doch gar nicht"!
Auch Führungen durch die Austellung "Ich bin anders - als Du denkst" sind nach telefonischer Vereinbarung mit Anke Koch-Röttering, 1. Vorsitzende der Selbsthilfegruppe "Down-Syndrom", möglich.



Abenteuer auf der Höhe: "social sponsoring" ermöglicht Sanierung


29.08.2000 * (
AJA)
Verantwortung übernehmen, Vertrauen aufbauen, Zusammenhalt üben: diese zentralen Begriffe bilden das Hauptziel des Marburger Abenteuerprojekts (MAP).
Nach dem Vorbild des amerikanischen "Project Adventure" wurde vor 6 Jahren auch in Marburg solch eine Einrichtung im Freitzeitgelände Stadtwald aufgebaut. Die in sieben monatiger Arbeit sanierte Anlage wurde am Montag (28. August) von der Stadträtin Ulrike Kober und dem Hessischen Minister für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten Wilhelm Dietzel offiziell wiedereröffnet. Symbolisch für die Eröffnuung wurde ein großer Steinblock enthüllt, der auf einer Kupfertafel die Namen der Sponsoren trägt, die die Sanierung ermöglicht haben. Das Projekt ist eine Kooperation des Jugendamtes und des Vereins für bewegungs- und sportorientierte Jugendsozialarbeit (bsj). Es bietet Jugendlichen die Möglichkeit für handlungs- und erfahrungsorientiertes Lernen durch intensive Erlebnisse.
Aufgrund des maroden Zustandes der Anlage war eine Sanierung unbedingt notwendig. Doch wie es leider so oft der Fall ist, fehlten der Stadt die nötigen finanziellen Mittel. Eine Sanierung hätte 150.000 DM gekostet. Als Ausweg kamen die Veranwortlichen auf die Idee des "social sponsoring". Unterstützt von der HR3-Sendung "Pop und Weck...das schaffen wir schon" waren schnell die nötigen Sponsoren gefunden. Allen voran stand Wilhelm Dietzel, der neun Bäume für die Anlage spendete. Die Arbeiten zum Neuaufbau des sogenannten "Ropes Course" begannen im Februar dieses Jahres. Wolfgang Pohlmann und Martin Kaiser vom Jugendamt bearbeiteten die vom Forstamt Wetter gefällten Douglasien, während die Freiwillige Feuerwehr Marburg-Mitte die morschen Baumstämme des alten "Ropes Course" entfernte. Im März setzte die Firma Tessag aus Ehringhausen bereits die neuen jeweils neun Meter hohen Stämme in den Boden. Sie bilden das zentrale Element der Anlage. Zusammen mit weiteren Sponsoren wurden im Anschluß die Hochseilelemente angebracht, die Stegplattform und die Beplankungen installiert.
"Wir sind sehr froh, daß das Jugendamt und die bsj das MAP durch die Unterstützung der Sponsoren weiterführen kann, denn mit einer Beteiligung von jährlich 3100 Teilnehmern war das Projekt ausgelastet und sehr beliebt", erklärte Ulrike Kober.
Die Seminare dauern in der Regel 3 Tage. Die Jugendlichen werden während ihrem Aufenthalt herausgefordert, Probleme im Team zu bewältigen. Sie müssen auf einem sozialen, kooperativen und kommunikativen Weg mit ihrer Gruppe Strategien entwickeln, mit denen sie die gestellten Aufgaben lösen und die Hindernisse überqueren können. Die rund 25-30 Mitarbeiter des MAP-Teams versuchen so, die Persönlichkeit der Jugendlichen zu formen und zwischenmenschliche Eigenschaften zu trainieren. Abschluß des Abenteuer Camps ist die Bewältigung des "Ropes Course": In bis zu neun Meter Höhe balanciert man - nur von anderen Teilnehmern gesichert - auf einem Seil entlang, was von allen Beteiligten höchste Konzentration und Zusammenarbeit verlangt. Stationen wie die "Charly Chaplin Brücke", der "Katzengang" oder der "Trapezsprung" warten auf mutige Abenteurer.
Nach der offiziellen Eröffnung konnten auch die Besucher einzelne Stationen des neuen Parcours testen. Als schwindelfreie Politiker erwiesen sich bei dieser Aktion allerdings nur die Landtagsabgeordneten Frank Gotthard (CDU) und Thomas Spies (SPD).


Versteifung: Morbus-Bechterew-Tag am 02.09.


24.08.2000 * (
AJA)
Anläßlich ihres 20-jährigen Bestehens lädt die Deutsche Vereinigung Morbus-Bechterew e.V. (DVMB) bundesweit zu einem "Morbus-Bechterew-Tag 2000" ein. Am Samstag (2. September) zwischen 9 und 16 Uhr ist ein Informationsstand Am Heumarkt in der Marburger Oberstadt geöffnet. Dort können sich Interessenten über das Krankheitsbild aufklären lassen. Als zusätzliche Attraktion wird ein Luftballon-Wettbewerb durchgeführt.
Doch was versteht man überhaupt unter Morbus Bechterew?
Der Name der Krankheit geht auf den russischen Arzt Wladimir von Bechterew zurück. Morbus-Bechterew ist eine chronisch-reumatische Entzündung, die meist zuerst die Kreuzbein-Darmbein-Gelenke und dann aufsteigend die Wirbelsäule befällt. Frühsymptom ist häufig eine Augenentzündung. Ungefähr 0,5 - 1 % der Bevölkerung sind von dieser Krankheit betroffen, wobei das Verhältnis der männlichen zu den weiblich Erkrankten 2:1 beträgt. Es ist am wahrscheinlichsten, daß die Krankheit zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr eintritt. Meist nimmt sie aber einen guten Verlauf.
Die Entzündungen greifen die Knorpel und Knochen an, und zeigen im weiteren Verlauf eigenartige Knochenneubildungen, Verknöcherungen und Versteifungen.
Daher ist es wichtig, die Krankheit möglichst früh zu erkennen und richtig zu behandeln. Wichtig sind dabei vor allem Bewegung und Gymnastik. Dadurch kann eine vollkommene Versteifung oder Verkrümmung der Wirbelsäule verzögert, wenn nicht sogar verhindert werden.


"Gemeinsam um Medaillen kämpfen"


BC uniVersa und Lebenshilfe starten bei "Special Olympics"


23.08.2000 * (
AJA)
"Dabei sein ist alles!" Diese olympische Grundidee steht bei den Basketballerinnen des BC uniVersa Marburg und den Sportlern der Hinterländer Lebenshilfe-Werkstätten in Dauphetal im Vordergrund. "Gemeinsam um Medaillen kämpfen" heißt es bei den Offenen Nationalen Spielen von Special Olympics Deutschland, die vom 5. bis zum 9. September in Berlin ausgetragen werden. Sechs behinderte Sportlerinnen und Sportler und vier Spielerinnen des BC uniVersa bilden ein gemischtes "Unified Team" aus Marburg im Basketball.
In den 60er Jahren gründete Eunice Kennedy-Shriver, Schwester von John F. Kennedy, in den USA die Special Olympics International. Inzwischen ist diese Behindertensport-Bewegung in über 190 Staaten vertreten. Seit 1991 gibt es die Special Olympics auch in Deutschland. Als gemeinsames Projekt der großen deutschen Verbände, die sich um geistig behinderte Menschen und deren Sport bemühen. Dazu gehören die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung (BVLH), Caritas, Civitan, der Deutsche Behinderten-Sportverband (DBS) und die Diakonie. Die Verbesserung der Lebensqualität geistig behinderter Menschen soll durch regelmäßiges Training und sportliche Wettbewerbe gefördert werden. Kurz: Sport als Chance einer gesellschaftlichen Anerkennung!
Auch in Marburg sollte der Integrationssport unterstützt und ausgebaut werden. So kam es vor fast zwei Jahren zu der Zusammenarbeit zwischen der Bundesvereinigung Lebenshilfe in Marburg und dem BC uniVersa. Ein Trainingsspiel der beiden Mannschaften wurde organisiert. "Das Zusammenspiel hat auf Anhieb gut funktioniert. Das bringt wohl die gemeinsame Freude am Baskettball mit sich", berichtet Armin Weinöhl, Trainer und sportlicher Betreuer der Hinterländer Lebenshilfe-Werkstätten. Schnell entstand der Entschluß als "Unified Team" bei den Special Olympics in Berlin zu starten. "Der gemeinsame Sport brachte einen großen Motivationsschub für unsere Leute mit sich, sie unterstützen lautstark viele Bundesliga-Heimspiele des BC uniVersa und bauen somit Selbstbewußtsein auf", betont Weinöhl.
Nach einigen gemeinsamen Trainingseinheiten geht es am 5. September nach Berlin. Das Team des BC uniVersa bilden die Bundesligaspielerinnen Semra Ilhan, Alexandra Keil, Yvonne Kunze und Ellen Hunke. Von den Hinterländer Werktätten fahren Frank Damm (Goldmedaillengewinner im Basketball bei den Special Olympic Weltspielen 1999 in North Carolina), Norbert Vieregge, Jürgen Mootz, Ramona Wiedemeier und Walter Riedel mit. Auch im Schwimmen und Tischtennis werden Sportler der Hinterländer Werkstätten vertreten sein. Der Journalist Peer Brocke von der BVLH-Pressestelle, wird als Tichtennis-"Unified Partner" von Markus Scheld in Berlin mit dabei sein.
Vor den eigentlichen Wettkämpfen finden Klassifizierungswettkämpfe statt: alle Mannschaften werden anhand von kurzen Spielen eingestuft, damit im offiziellen Wettkampf gleichstarke Mannschaften gegeneinander antreten. Die Finalwettkämpfe und Siegerehrungen finden an den darauffolgenden Tagen statt. Neben dem sportlichen Programm ist auch ein Musicalbesuch bei "Der Glöckner von Notre Dame" geplant. Auch mit prominentem Publikum wird nicht gegeizt: Markus Wasmeier, Weltmeister im Skispringen, wird mit den 3000 Teilnehmern aus ganz Deutschland und Europa den olympischen Eid sprechen, bei der Eröffnung am Mittwochabend (6. September) werden Finanzminister Hans Eichel und Berlins regierender Bürgermeister Eberhard Diepken anwesend sein. Aus dem Showbereich unter anderem Joe Kelly von der Kelly Family und Mitglieder des Stella-Musical Ensembles.
"Die Special Olympics Wettkämpfe schaffen ein starkes Gefühl von Gemeinschaft behinderter und nicht behinderter Menschen", betont Dr. Bernhard Conrads, Geschäftsführer der BVLH und Viezepräsident der Special Olympics Deutschland. Wir sind sehr stolz, Spielerinnen des BC uniVersa für die Teilnahme an den Special Olympics in Berlin gewonnen zu haben."


Kennedy for Schmidbauer


Ausgezeichnete Staatsfrau spendete für geistig Behinderte


16.08.2000 * (
AJA)
"And the International Statesman Award goes to Miss Barbara Schmidbauer", verkündete der honorable Sargent Shriver. Wie auf einer Oskarverleihung der Stars und Sternchen dürfte sich auch Barbara Schmidbauer gefühlt haben, als man ihr vor einem 600-köpfigen Publikum den "International Statesman Award" der "Joseph P. Kennedy, Jr. Foundation" überreichte. Diese Auszeichnung erhielt die ehemalige Europaabgeordnete (1987-1999) aus Darmstadt für ihr herausragendes politisches Engagement für behinderte Menschen und ihre Angehörigen. Sie ist selbst Mutter einer behinderten Tochter und hat sich vor diesem Hintergrund besonders auf europäischer Ebene für Menschen mit - vor allem geistiger - Behinderung stark gemacht. 1992 hat die SPD-Politikerin dem Europäischen Parlament einen Bericht über die Rechte der Behinderten vorgelegt. Diesem Bericht zufolge muß "Europa dafür Sorge tragen muß, daß geistig behinderte Bürgerinnen und Bürger ein freies und selbstbestimmtes Leben in unserer Gemeinschaft führen können".
Am Dienstag (15. August) hat Barbara Schmidbauer die 10 000 Dollar Preisgeld als Spende an die Lebenshilfe-Stiftung "Tom Mutters" in Marburg weitergegeben. Stellvertretend für die Stiftung nahm Dr. Bernhard Conrads, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe (BVLH), die Spende entgegen. "Wir sind sehr stolz auf die Leistungen und das Engagement von Frau Schmidbauer", sagte Conrads, "und natürlich darauf, daß sie als erste Deutsche den International Statesman Award verliehen bekommen hat. Sie war für uns immer eine Art Pfadfinder, Wegweiser im Dschungel der Paragraphen und Richtlinien des Europäischen Parlamentes."
Die "Joseph P. Kennedy Foundation" wurde 1946 von dem Ehepaar Joseph und Rose Kennedy in Gedenken an ihren ältesten, im Krieg gefallenen Sohn Joseph P. Kennedy jr.gegründet. Drei Söhne des damaligen US-Botschafters erreichten höchste politische Ämter als US-Präsident (John F Kennedy) Senator und Präsidentschaftskandidat (Robert F Kennedy) und als Senator (Edward Kennedy). Weniger bekannt wurde ihre behinderte Tochter, die jedoch der Stiftungsarbeit zum einem Schwerpunkt in der Unterstütung von Projekten zugunsten geistig Behinderter verholfen hat. Außerdem verleiht die Stiftung alle fünf Jahre den "International Statesman Award" an herausragende Politiker.
Für Barbara Schmidbauer war es keine Frage, das Preisgeld weiter zu reichen: "Dieser Preis ist nicht mein alleiniger Verdienst. Unsere gesamte Intergroup hat sich im Europäischen Parlament dafür eingesetzt, daß behinderte Menschen in allen europäischen Verträgen berücksichtigt werden. Ich möchte das Geld jenen zugute kommen lassen, die nach wie vor überall auf der Welt benachteiligt sind und unsere Unterstützung brauchen." Aus diesem Grund scheint ihr das Geld im "Tom Mutters" Projekt in der Ukraine am rechten Platz zu sein. Das Projekt läuft über zwei Jahre und wird zusammen mit der Partnerorganisation "Yanush Korchak Insitut" in Odessa durchgeführt. Während dieser zwei Jahre sollen Modellvorhaben wie Sonderklassen für geistig behinderte Kinder sowie integrative Kindergartengruppen und Elternarbeit in den Familien realisiert werden. Darüber hinaus werden zehn Seminare in der Ukraine angeboten. Dort sollen internationale Experten zu verschiedenen Fragen der Arbeit mit geistig Behinderten Stellung nehmen.
Langfristig sollen die Lebensbedingungen in der Ukraine für geistig Behinderte verbessert werden. Die betroffenen Familien und die Öffentlichkeit müssen über die Notwendigkeit einer Eingliederung und Förderung geistig behinderter Familienmitglieder und Mitmenschen informiert werden.


"Chetana" heißt "Bewusstsein": Hilfe für "Unberührbare"


04.08.2000 * (
SMa/CcM)
(Foto 0801 vergrößern!)

"Es gibt so gut wie keine Einrichtungen in Indien für geistig Behinderte, vor allem in Orissa", kommentiert Harald Kolmar. Als spürbar engagierter Referent für Internationale Hilfen der "Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V." (BVLH) ist er für den Aufbau von Selbsthilfestrukturen in ärmeren Ländern zuständig.
In Partnerschaft mit Dr. Narayan C. Pati, dem Geschäftsführer von "Jewel International - Chetana Institute For The Mentally Handicapped" führt die Lebenshilfe ein Projekt in Orissa - einem der ärmsten Bundesstaaten Indiens - durch.
Orissa liegt im Nordosten Indiens und hat rund 36 Millionen Einwohner. Davon sind etwa 60% Analphabeten. 73% der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Die Mehrzahl wohnt auf dem Land und verdient weniger als 11.000 Rupien - das sind umgerechnet 500 DM - pro Jahr. Im Oktober 1999 wurde diese Region von einem verheerendem Hurrikan heimgesucht. Dieses in Deutschland kaum beachtete Ereignis kostete nicht nur 50.000 Menschenleben, sondern erschwert die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung, wie auch grundlegende Hilfsmaßnahmen zusätzlich.
In Indien werden die "Ärmsten der Armen" als "unberührbar" bezeichnet. Dieser offiziell abgeschafften Kaste gehören die meisten behinderten Kinder an. Um den ohnehin kärglichen Besitz innerhalb der Familie zu halten, ist die Eheschließung zwischen nahen Verwandten üblich. Das führt - nicht zuletzt auch wegen mangelnder Hygiene, Unterernährung und schlechter Versorgung - zu der relativ hohen Zahl von 317.000 Menschen mit geistiger Behinderung. Die Überlebenschance für ein behindertes Neugeborenes ist in den ländlichen Gegenden sehr gering. Überlebt ein solches Kind, wird es von den Eltern aus Unwissenheit oder religiösen Motiven nicht selten für "verrückt" erklärt. In ihrer Not suchen die Eltern "spirituelle Heiler" oder Ärzte auf. Doch weder mit Medizin noch mit Kräutern lässt sich etwas gegen geistige Behinderung tun.
Der Name des Instituts "Chetana" bedeutet "Bewusstsein". Genau das wollen die 22 Mitarbeiter des Projekts bei den Betroffenen wecken. Bis Ende September 2002 werden sogenannte CBR-Worker - Sozialarbeiter vor Ort - in ländlichen Regionen Aufklärungsarbeit für Familien mit geistig behinderten Kindern leisten. Viele Eltern wissen nicht, worunter ihr Kind leidet und was sie selbst tun können. In einem Training lernen sie, für sich selbst und für ihr Kind, mit der Behinderung umzugehen. Im besten Fall kann das Kind dann mit einfachen Tätigkeiten die Familie unterstützen.
Ein weiterer Teil des Projekts besteht in berufsvorbereitenden Maßnahmen für behinderte Jugendliche, die in einer von der Lebenshilfe errichteten Tagesstätte pädagogische Unterstützung erhalten.
In der Hoffnung, dass das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" funktioniert, sollen nach dem Jahr 2002 Elternorganisationen die Pionierarbeit weiterführen.
Das Vorhaben von Lebenshilfe und Jewel International ist Modellprojekt des Bundesministeriums für Zusammenarbeit und Entwicklung und wird mit fast 400.000 DM gefördert. Mehr als 100.000 DM steuern zusätzlich die beiden Partnerorganisationen zu etwa gleichen Teilen bei.
Spenden für das Hilfsprojekt können unter dem Stichwort "Indien" auf das Lebenshilfe-Konto 299 bei der Marburger Bank (533 900 00) überwiesen werden. Dr. Narayan C. Pati erklärt: "Mit unserer Hilfe tragen wir nur die Spitze des Eisberges ab."


Kommunale Behinderung: 6 mal 3 ist die gewollte Hürde


02.08.2000 * (
SMa)
Binden Sie dem nächstbesten Taxifahrer auf die Nase, ob Sie von Sozialhilfe oder in einem Heim leben?
Was für jeden Fahrgast eine Zumutung wäre, dazu werden die Benutzer des Behindertenfahrdienstes in Marburg gezwungen: Sie müssen den Fahrern ihre persönlichen Verhältnisse offenbaren.
Der Verein "Behinderte in Gesellschaft und Beruf" (BiGuB) e.V. kritisiert eine neue Regelung für den Behinderten Fahrdienst in Marburg. Seit Juli diesen Jahres verlangt die Stadt von Rollstuhlfahrern und stark gehbehinderte Menschen für bisher kostenlose Fahrten ein Beförderungsgentgelt von 3 DM. Pro Fahrt. Für eine einzige Erledigung macht das mit Hin- und Rückfahrt schon 6 DM. Weiterhin Freifahrt genießen können lediglich Sozialhilfeempfänger und Heiminsassen. Dieser "Genuss" wird allerdings durch einen Stempel getrübt, den der Magistrat ihnen und ihren Fahrscheinen aufdrückt. Der Taxifahrer erkennt daran, dass dieser Fahrgast auf Kosten der Stadt unterwegs ist. Monika Wolter vom Vorstand des BiGuB e.V. sieht darin nicht nur eine Diskriminierung, sondern auch einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste und einen Verstoß gegen den Datenschutz. Zusätzlich zu der Offenbarung der Vermögensverhältnisse dokumentiert der Fahrer auch Ausgangspunkt und Ziel der Fahrt mit der genauen Adresse. Mit diesen Abrechnungsunterlagen kann die Stadt ein detailliertes Bewegungsprofil ihrer behinderten Bürger zusammenstellen. Da jeder Behinderte nur zwölf Fahrscheine im Monat erhält und damit nur sechs private Hin- und Rückfahrten unternehmen kann, ist seine Mobilität stark eingeschränkt. Aus diesem Grund stellt Monika Wolter eine "beträchtliche Diskriminierung" fest. Denn das Ausweichen auf Öffentliche Verkehrsmittel gestaltet sich wegen wenig behindertenfreundlicher Busse schwierig. Insbesondere Menschen, die auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen sind, haben dabei kaum eine Chance. Warum die neue Regelung den gesellschaftlichen Status und damit das Einkommen und nicht den behinderungsbedingten Bedarf zur Grundlage der Bezahlung macht, bleibt offen. Immerhin haben auch Behinderte an dieser Regelung mitgewirkt. Ausgearbeitet wurde sie von der "Arbeitsgruppe Behindertenfahrdienste" des städtischen Behindertenbeirats zusammen mit der zuständigen Behindertendezernentin Ulrike Kober (Bündnis 90/Die Grünen). Anlass war die hohe Nutzungsrate, die der Fahrdienst erfahren hat, seit das Taxiunternehmen Unicar die Fahrten von der Johanniter Unfallhilfe übernommen hat. 140.000 DM wendet die Stadt im Jahr für die Mobilität ihrer behinderten Bürgerinnen und Bürger auf. Mit 3 DM sollen sie nun mehr zahlen, als die Benutzer der Stadtbusse, die für eine Stadtfahrt 2,70 DM hinlegen. Kober hofft, durch die finanzielle Hürde das Interesse an dieser attraktiven Dienstleistung begrenzen zu können.
Gerade Menschen mit einer sehr schweren Behinderung, die sich ohne Hilfe kaum allein fortbewegen können, sind aber auf diesen Dienst angewiesen. Was würde wohl Ulrike Kober sagen, wenn sie nur sechmal im Monat für 36 DM Freunde besuchen, einkaufen gehen, in der Kneipe ein Bier trinken oder mit ihren Parteifreunden diskutieren könnte?


04.07.2000 * Wettbewerb: Preis für Jugendengagement von Jugendlichen


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